Tinnitus ist ein Phänomen, das bereits seit Jahrtausenden bekannt ist. Schriftlich erwähnt werden Ohrgeräusche mit einer dazugehörigen Therapie erstmalig in der babylonischen Medizin, zu deren ältesten Quellen die Keilschriften des Königs Assur-bani-Pal (668-626 v. Chr.) aus Niniveh gehören (jetzt in Fragmentform im Britischen Museum). Unter den vielen Tausenden von Tontäfelchen gibt es vier, die sich mit Ohrenkrankheiten befassen. Mehr als zehnmal wird „Singen im Ohr“ erwähnt. Die Behandlungs-Empfehlungen setzen sich aus Zaubersprüchen und Medikamenten zusammen. Eine solche Verordnung lautet z.B.: „Wenn die Hand des Geistes einen Mann ergreift und seine Ohren singen, sollst Du Myrrhe zerreiben, in Wolle einrollen, mit Zedernblut besprenkeln; zitiere darauf den Zauberspruch, der genannt wird AKIR.GAB hat EA gemacht ...“
An Bedeutung und Aufmerksamkeit hat das Leiden am Tinnitus erst in den letzten Jahrzehnten gewonnen, was auf die rasante industrielle und technische Entwicklung zurückgeführt wird.
Das Ohr als empfindlichstes aller Sinnesorgane steht der Zunahme der Umweltgeräusche, der akustischen Belastung in Verkehr, Beruf oder Freizeit zum Teil hilflos gegenüber. Die Möglichkeiten, sich gegen Reizüberflutung abzuschirmen, sind begrenzt, denn das Ohr ist immer offen. Innenohrschwerhörigkeiten spielen eine große Rolle bei der Entstehung des Tinnitus.
Wie kommt es zum Tinnitus?
Tinnitus kann Hunderte von Ursachen haben. Die größte Rolle spielen Schädigungen oder Störungen im Außen-, Mittel- oder Innenohr. 80-90% aller Betroffenen weisen Hörstörungen auf. Normalerweile kompensiert das Gehirn Höreinbrüche - die wir manchmal gar nicht bewußt wahrnehmen - durch dafür vorgesehene Hemm-Mechanismen und Rückkopplungsschleifen. Beim Tinnitus sind diese Filter- und Verstärkermechanismen gestört. Woran liegt das? Die komplizierten Mechanismen werden von emotionssteuernden Gehirnstrukturen (limbisches System) kontrolliert, die unter Streß besonders stark aktiviert werden. Wird die Rückkopplung dabei zu stark, kommt es im Cortex zur Überkompensation der Hörstörung, zum Tinnitus. Man spricht dann auch von einer fehlerhaften Gehirn-Software. Tinnitus wird aber erst dann zum Problem, wenn er innerlich immer wieder überprüft und kontrolliert wird, ob er noch da ist, wie laut oder leise, wie hoch oder tief er ist. Ein zusätzlicher verstärkender Faktor ist die Angst vor dem Tinnitus - "Was mache ich, wenn es schlimmer wird?", "Ob ich ihn wohl jemals wieder loswerde?...". Dieses Denken vertieft die Spur zum Tinnitus. Die Wahrnehmung des Tinnitus führt zu Streß - das löst im limbischen System negative Gefühle aus, es kommt zu einer Rückkopplung im Hörcortex, (die Stelle der Gehirnoberfläche, an der Geräusche und Klänge verarbeitet werden) und der Tinnitus wird verstärkt. Je länger der Betroffene dieser Spur folgt, desto mehr prägt sich der Tinnitus ein. Mit der Zeit zentralisiert er sich, das heißt, selbst, wenn die Entstehungsursache längst beseitigt ist (z.B. eine Mittelohrentzündung), ist der Tinnitus weiter wahrnehmbar. Die Musiktherapie kann helfen, den Tinnitus besser zu bewältigen. Inzwischen ist sehr gut belegt, wie wirksam die Musiktherapie sein kann.
Tinnitus ist keine Krankheit, sondern ein Symptom!
Auch natürliche Rückkopplungen im Hörsystem können für kurze Zeit unkontrollierte Pfeiffgeräusche verursachen – sie sind aber kein Tinnitus!
Tinnitus ist konstant oder immer wiederkehrend hörbar
Tinnitus ist in der Regel eine subjektive Wahrnehmung
Tinnitus entsteht ohne akustische Stimulation von außen
Tinnitus ist in 80-90% der Fälle mit Schwerhörigkeit gekoppelt. Ist die Schwerhörigkeit sehr stark ausgeprägt, kann ein Hörgerät bei Tinnitus sehr hilfreich sein!
Tinnitus ist schulmedizinisch schwer zu behandeln - dafür kann der Betroffene sehr viel gegen den Tinnitus tun, wenn er selbst aktiv wird
Oberstes Gebot bei Tinnitus: Die Lebensqualität verbessern!
Wie Sie aktiv werden können:
Überlegen Sie sich, was Ihnen gut tun könnte - unabhängig vom Tinnitus. Erhöhen sie hre Lebensqualität.
Lernen Sie ein Entspannungsverfahren - am besten in Verbindung mit Musik, damit in der Entspannung das Ohrgeräusch nicht zu laut wird.
Hören Sie angenehme Musik - aber nur aktiv, also aufmerksam - und nicht passiv im Hintergrund!
Legen Sie sich Ihre Geräusch- und Klang-Apotheke zu. Nutzen SieGeräusche und Klänge zum Maskieren.